Dem Österreicher Arno Geiger gelingt etwas, was nicht vielen Autoren gelingt: Er begeistert sowohl die professionelle Kritik als auch eine breite Leserschaft. Sein Roman „Unter der Drachenwand“ stand im Zentrum des vom Stuttgarter Schriftstellerhaus organisierten Projekts „Stuttgart liest ein Buch“.
Grund genug für das Heidehof, mitzumachen und Arno Geiger am 18.9.2019 zu einer Lesung in die proppenvolle Aula einzuladen.

Hier der Bericht des Abiturienten Johannes Meiers:

„Es ist kein Roman über den Krieg, sondern über die Wichtigkeit von sozialen Beziehungen“


„Heidehof liest ein Buch“: Der österreichische Schriftsteller Arno Geiger liest Auszüge aus seinem Roman „Unter der Drachenwand“ für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 8 bis 12 im Heidehof-Gymnasium in Stuttgart.

von Johannes Meiers, Jg. 2

Die Aula war am 18.9.2019 bis auf den letzten Platz gefüllt. Die oberen Klassenstufen hatten sich gut auf die Lesung im Rahmen des stadtweiten Projekts „Stuttgart liest ein Buch“ vorbereitet. Sie hatten sich intensiv mit dem Gesellschaftsroman beschäftigt.

Die Veranstaltung moderierten zwei Schüler des Heidehof-Gymnasiums. Es begann mit einer Inhaltsangabe des Buches und einer Vorstellung Arno Geigers. Zwischen den Lesungen führten zwei weitere Schüler ein Interview mit dem Schriftsteller. So erfuhr man, dass er durch einen Zufallsfund auf dem Flohmarkt auf Korrespondenzen und Briefe über das Lager Schwarzindien am Mondsee stieß und dadurch zu dieser Romanidee kam. Er recherchierte nicht in Sachbüchern, sondern hat viele Tagebuchaufzeichnungen und Briefe gelesen, um sich in diese Zeit einzufühlen. Über 10 Jahre bereitete er den Roman vor, bis er die Geschichte fertig im Kopf hatte. Das Buch hat Arno Geiger dann innerhalb von 5 Monaten geschrieben. Er nennt sich selbst einen „slow thinking man“.

Der Roman handelt von dem jungen Soldaten Veit Kolbe, der nach einer Kriegsverletzung im Jahr 1944 seinen Genesungsurlaub bei seinem Onkel am Mondsee in Österreich verbringt. Er lernt in dem kleinen Dorf einige Dorfbewohner und seine spätere Geliebte kennen. Veit ist nicht der einzige Erzähler des Romans. Arno Geiger lässt neben ihm auch andere Figuren erzählen, zum Beispiel über ihre Gefühle, Erlebnisse und Wahrnehmungen im Schatten des Krieges, abseits der Front. Der Grund dafür ist, dass es fast keine Bücher darüber gibt. Die Erzähler wechseln plötzlich, Briefe und Korrespondenzen werden eingearbeitet. Damit will Arno Geiger zeigen, dass nicht nur die Soldaten unter dem Krieg leiden, sondern er auch für die Zivilbevölkerung sehr schlimm war.

„Es ist kein Roman über den Krieg, sondern über die Wichtigkeit von sozialen Beziehungen“, antwortete Arno Geiger auf die Frage, warum er dieses Thema gewählt hat. Der Krieg bedeutet für die Menschen extremen Druck. Unter hohem Druck werden die Personen durchsichtig, ähnlich wie bei Diamanten, man kann hinter dem dunklen Hintergrund die wahren Persönlichkeiten erkennen. Wegen der retrospektiven Art zu schreiben ist für die Figuren im Buch nicht klar, wann der Krieg zu Ende ist. Durch mehrere Erzählfiguren kann diese Zeit aus unterschiedlichen Perspektiven erfasst werden. Durch die vielen Handlungsstränge und unterschiedlichen Perspektiven will Arno Geiger ein genaueres, dreidimensionales Bild des Krieges schaffen, was ihm auch sehr gut gelungen ist.

Durch Arno Geigers enge Verbundenheit mit den Figuren kostete ihn das Buch sehr viel Kraft, daher nennt er es auch sein „Schmerzensbuch“.

Viele Schüler klatschten zustimmend, als Arno Geiger erklärte, Talent alleine reicht nicht aus, für ein gutes Ergebnis sei es das Wichtigste, viel Zeit in die Vorarbeit zu stecken.

Zum Ende der Veranstaltung gab es von den Schülern einen langanhaltenden Applaus.

Arnold Geiger erhielt für seinen Roman den Bremer Literaturpreis 2019.


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